Auslegung elektrischer Antriebe

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Thermische Motorauslegung

Betriebsarten

Die meisten elektrischen Antriebe unterliegen einer zeitlich veränderlichen Belastung. Die auftretenden Verluste sind damit ebenfalls zeitlich veränderlich. Die Erwärmung des Motors erfolgt deshalb nicht kontinuierlich sondern besteht aus einer Abfolge von Erwärmungs- und Abkühlungsphasen. Es stellt sich ein anwendungsspezifisches Temperaturspiel ein.
Durch geeignete Auslegung des Motors ist nun sicherzustellen, dass innerhalb des Temperaturspieles die maximal zulässige Motortemperatur nicht überschritten wird. Aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen gestaltet sich diese Aufgabe in der Praxis schwierig. Grundsätzlich bieten sich zwei Lösungsansätze an:

  • Auslegung nach Kennlinien
    • Auslegung nach Nennbetriebsart S1
      Für die Auslegung von Motoren wurden Nennbetriebsarten definiert. Der Dauerbetrieb wird dabei durch die Betriebsart S1 beschrieben. Für diese Betriebsart stellen die Motorlieferanten Auslegungskennlinien bereit. Kann der konkrete Anwendungsfall auf einen thermisch gleichwertigen S1-Betriebsfall umgerechnet werden, ist eine Auswahl anhand der S1-Kennlinien möglich.
    • Auslegung nach Nennbetriebsart S3
      Bei einigen Anwendungen (z. B. Vorschubantriebe in Werkzeugmaschinen) treten Lastspiele auf, die sich durch die Nennbetriebsart S3 sehr gut beschreiben lassen. Ist das der Fall, erfolgt die Motorauswahl anhand der S3-Kennlinien.
  • Auslegung mittels Simulation
    Der Anwendungsfall des Antriebs wird dem Motorlieferanten mitgeteilt und dieser ermittelt die Motorerwärmung und den einzusetzenden Motor durch PC-gestützte Simulation.

Da der letzte Ansatz nur in Sonderfällen in Betracht kommt, erfolgt die Auslegung überwiegend durch Rückführung der konkreten Belastung auf eine Nennbetriebsart.


Kennliniendiagramm für die thermische Motorauslegung

Im allgemeinen stellen die Motorlieferanten in ihren Datenblättern folgende Kennlinien zur Verfügung:

  • S1: Dauerbetrieb und
  • S3: Aussetzbetrieb ohne Einfluss des Anlaufvorganges

Diese Kennlinien beziehen sich entweder auf die Leistung oder das Drehmoment des Motors. Über die Formel:

Leistung = Drehmoment * Winkelgeschwindigkeit

Drehmoment-Drehzahl-Diagrammlassen sie die Diagramme ineinander überführen.
Das nebenstehende Bild zeigt beispielhaft ein übliches Drehmoment-Drehzahl-Diagramm für die thermische Auslegung von Servomotoren. Angegeben sind die (thermisch) zulässigen Drehmomente als Funktion der Drehzahl in Abhängigkeit von der Betriebsart und der gewünschten Übertemperatur bzw. Wärmeklasse.

Wie zu erkennen ist, sinken bei Servomotoren die zulässigen Drehmomente mit steigender Drehzahl ab. So ist im Stillstand ein höheres Drehmoment (Stillstandsmoment M0) als bei Drehzahlen größer Null oder im Nennpunkt (Nennmoment Mnenn) zulässig. Die Ursache dafür liegt in den Ummagnetisierungsverlusten, die mit steigender Frequenz (und damit steigender Drehzahl) zunehmen und den Motor bei höheren Drehzahlen stärker erwärmen.

 

Reduktionsfaktoren bei abweichenden Betriebsbedingungen (Derating)

Die Kennlinien zur Motorauswahl sind für bestimmte Betriebs- und Einbaubedingungen des Motors gültig. Weichen die tatsächlichen Bedingungen davon ab, geben die Motorenlieferanten Reduktionsfaktoren an, um die das zulässige Drehmoment abgesenkt werden muss (Derating). Einige typische Ursachen für ein Derating sind nachfolgend angegeben:

  • Aufstellhöhe > 1000 m
    Bei luftgekühlten Motoren reduziert sich die zulässige Belastung, wenn sie in großen Höhen betrieben werden. Ursache ist die verringerte Wärmeabführung.

  • Erhöhte Kühlmitteltemperatur
    Ist das Kühlmittel (z. B. die Umgebungsluft) wärmer als nominal zulässig, muß die Belastung reduziert werden.

  • Anbaugetriebe
    In vielen Anwendungen werden Servomotoren mit Getrieben ausgerüstet. In den Getrieben fallen Reibungsverluste an, die zu einer Erwärmung führen. Neben dem Motor als Wärmequelle kommt das Getriebe als weitere Wärmequelle hinzu. Aufgrund des direkten Anbaus an den Motor wird die Wärmeabgabe des Motors behindert, was zu größeren Wicklungstemperaturen im Motor führt. Folglich reduzieren sich die zulässigen Drehmomente bei Betrieb des Motors mit Anbaugetriebe gegenüber dem Betrieb ohne Anbaugetriebe.

  • Spezielle Motorgeber
    Motorgeber mit integrierter Elektronik (z. B. Absolutwertgeber) stellen eine zusätzliche Wärmequelle dar, die ebenfalls die Wärmeabgabe des Motors behindern kann und eine Absenkung der zulässigen Belastung erfordert.

Die Herstellerdokumentation enthält entsprechende Hinweise zum Derating, die genauestens befolgt werden sollten.

 

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