Regelverfahren für elektrische Antriebe

zurück
weiter

 

Stromregelung für bürstenlose Gleichstrommotoren

Bürstenlose Gleichstrommotoren sind mehrphasig aufgebaut. Sie erfordern deshalb im Gegensatz zu bürstenbehafteten Gleichstrommotoren zusätzliche Funktionen in der Signalelektronik. Nachfolgend werden diese am Beispiel eines 3-phasigen bürstenlosen Gleichstrommotors dargestellt.

 

Kommutierungslogik und Stromerfassung

Bürstenlose Gleichstrommotoren werden mit einer elektronischen Kommutierung betrieben. In Abhängig von der Lage des Polrades schaltet das Stellgerät die Ströme im Ständer des Motors von einer Wicklung auf die nächste weiter und hält damit den rechten Winkel zwischen dem Magnetfeld des Läufers und dem resultierenden Zeiger des Ständerstromes aufrecht.

Die Ausgangsspannung des Leistungsteils ist die Stellgröße für den Motorstrom. Sie ist eine vektorielle Größe und wird durch einen Betrag (inklusive Vorzeichen) und einen Winkel beschrieben. Während Betrag und Vorzeichen der Ausgangsspannung durch die Stromregelung berechnet werden, leitet sich ihr Winkel aus der aktuellen Lage des Polrades ab.
Die Lage des Polrades wird mit 3 Hallsensoren erfasst. Die Sensoren tasten Spuren auf einer mit dem Läufer verbundenen Signalscheibe ab und geben die Lage des Polrades binär codiert an die Regelelektronik weiter. Die Regelelektronik wählt anschließend aufgrund er übermittelten Lage den erforderlichen Winkel der Ausgangsspannung aus. Dieser Vorgang ist im Signalflussplan durch einen Multiplexbaustein dargestellt. Führt der Läufer des bürstenlosen Gleichstrommotors eine Drehbewegung aus, werden alle 6 möglichen Ausgabewinkel für die Ständerspannung durchlaufen.
Mit dem von der Stromregelung berechneten Betrag und Vorzeichen der Ausgangsspannung und dem ermittelten Winkel, ist die vektoriellen Ausgangsspannung vollständig festgelegt.
Da die vektorielle Ausgangsspannung eine rechnerische Größe darstellt, muss sie in einem nächsten Schritt auf die einzelnen Phasenspannungen umgerechnet werden. Diese Aufgabe übernimmt ein Wandler. Er zerlegt den Vektor der Sollspannung in einzelne Phasenspannungen, die dann vom Leistungsteil ausgegeben und an den Klemmen des bürstenlosen Gleichstrommotors wirksam werden.

Hinweis:
Die Signalscheibe zur Erfassung der Lage des Polrades muss an die Polpaarzahl des bürstenlosen Gleichstrommotors angepasst sein. Jede Signalspur muss so viele Teilungen je Umdrehung aufweisen, wie der Motor Polpaare hat.

Kommutierungslogik und Strommessung bei bürstenlosen Gleichstrommotoren

Neben der Kommutierungslogik ist für den geregelten Betrieb von 3-phasigen bürstenlosen Gleichstrommotoren auch eine Aufbereitung des Stromistwertes erforderlich. Physikalisch messbar sind lediglich die Phasenströme des angeschlossenen Motors. Diese werden nur 2-phasig erfasst, da der Strom in der dritten Phase über die Regel: "Summe der Ströme ist gleich 0" berechnet werden kann. Da die Stromregelung lediglich Betrag und Vorzeichen des Stromes benötigt, müssen diese aus den Phasenströmen und der aktuellen Lage des Polrades abgeleitet werden. Diese Aufgabe übernimmt ebenfalls ein Wandler.

 

Die Regelstrecke

Arbeiten Kommutierungslogik und Stromaufbereitung fehlerfrei, können sie aus regelungstechnischer Sicht vernachlässigt werden. Unter dieser Bedingung ergibt sich ein vereinfachter Signalflussplan, der dem eines bürstenbehafteten Gleichstrommotors gleicht.

Die Eingangsgröße der Regelstrecke bildet die vom Stromregler ermittelte Sollspannung. Bei bürstenlosen Gleichstromantrieben ist das der vorzeichenbehaftete Betrag des Ständerspannungszeigers. Dieser Sollwert wird dem Leistungsteil übergeben, das an seinem Ausgang die entsprechende Ständerspannung für den bürstenlosen Gleichstrommotor bereitstellt. Die komplexen Vorgänge und Strukturen im Leistungsteil werden zur Beschreibung des regelungstechnischen Verhaltens vernachlässigt. Es ist üblich, das Leistungsteil stark zu vereinfachen und durch ein PT1-Glied mit einer kleinen Verzögerungszeitkonstante (bei Pulsstellern im Bereich weniger Mikrosekunden) anzunähern. Die vom Leistungsteil bereitgestellte Ständerspannung ist begrenzt. Sie kann einen durch die technische Realisierung des Leistungsteils und die Höhe der Netzspannung vorgegebenen Maximalbetrag nicht überschreiten.
An den Klemmen des bürstenlosen Gleichstrommotors wird die vom Leistungsteil bereitgestellte Ständerspannung wirksam. Zusätzlich greift hier die durch das drehende Polrad induzierte Motor-EMK des Motors als Störgröße ein. Sie reduziert die tatsächlich wirksame Spannung.
Die wirksame Spannung ist für den Stromfluss im Ständer des bürstenlosen Gleichstrommotors verantwortlich. Wirksame Spannung und Ständerstrom sind über ein PT1-Glied mit proportionaler Verstärkung miteinander verkoppelt. Die Parameter dieser Übertragungsglieder werden durch die elektrischen Kenngrößen des Motors, den Ständerwiderstand und die Ständerinduktivität bestimmt. Die Ständerzeitkonstante ist als Quotient aus der Ständerdinduktivität und dem Ständerwiderstand definiert.

Regelstrecke

Aus dem Ständerstrom ergibt sich durch Multiplikation mit der Maschinenkonstante in einem P-Glied das Motordrehmoment. Die Maschinenkonstante ist eine Motorkenngröße, die von der Konstruktion des Motors und den im Läufer verwendeten Magnetmaterialien abhängt.

Hinweis:
Eine fehlerhaft arbeitende Kommutierung verringert die Maschinenkonstante und reduziert das Motordrehmoment.

Das Motordrehmoment wird an der Motorwelle bereitgestellt. Gleichzeitig greift an der Motorwelle aber auch das Lastdrehmoment der Arbeitsmaschine als Störgröße an. Wirksam wird damit nur die Differenz aus Motor- und Lastdrehmoment.
Das wirksame Drehmoment beschleunigt oder bremst den Motor über ein nachgeschaltetes I-Glied und bestimmt den an der Motorwelle messbaren Drehzahlistwert. Als Integrationszeitkonstante wirkt die Summe aus dem Trägheitsmoment des Motors und dem Trägheitsmoment der angeschlossenen Mechanik. Zu beachten ist, dass das Trägheitsmoment der angeschlossenen Mechanik bezogen auf die Motorwelle von Bedeutung ist und damit die Übersetzungsverhältnisse der verwendeten Getriebe zu berücksichtigen sind. Grundsätzlich gilt, dass geringe Trägheitsmomente von Motor und Mechanik ein hohes Beschleunigungsvermögen und damit eine gute Dynamik des Antriebes bewirken.
Die Drehzahl ist die Eingangsgröße für eine weiteres I-Glied, an dessen Ausgang der Lageistwert des Antriebes zur Verfügung steht. Die Integrationszeitkonstante diese I-Gliedes ist das Summenübersetzungsverhältnis der zwischen Motorwelle und Lagemesssystem angeordneten Getriebe.

 

Der Stromregelkreis

Auch bei bürstenlosen Gleichstrommotoren greift man auf den Ständerstrom als Ersatzregelgröße für das Drehmoment zurück. Bei der Betrachtung des Stromregelkreises werden die Kommutierungslogik und Stromaufbereitung zwecks Vereinfachung ebenfalls vernachlässigt.

Der Stromregler wird typischer Weise als PI-Regler ausgelegt. Er besteht aus einem P-Glied und einem I-Glied, die parallel geschaltet sind. Die Summe der Ausgangssignale ergibt die Sollspannung.

Stromregelkreis

Das P-Glied und das I-Glied übernehmen unterschiedliche Aufgaben im Stromregler:

  • Das P-Glied dient zur unverzögerten Reaktion auf Sollwertänderungen bzw. das Einwirken von Störgrößen. Treten aufgrund dieser Vorgänge Regelabweichungen auf, bewirkt das P-Glied eine sofortige Änderung der Sollspannung und damit eine unverzögerte Reaktion des Stromreglers. Das P-Glied ist damit für die Dynamik der Stromregelung entscheidend.
  • Das I-Glied dient zur Kompensation von stationären Störgrößen. Eine solche Störgröße stellt z. B. die Motor-EMK des bürstenlosen Gleichstrommotors dar. Ohne I-Glied würde die Motor-EMK zu einer dauerhaften drehzahlabhängigen Abweichung des Stromistwertes vom Stromsollwert führen.

Die Verwendung eines PI-Reglers ist mit dem Nachteil verbunden, dass dynamische Regelvorgänge im Stromregelkreis immer mit einem Über- bzw. Unterschwingen des Stromistwertes verbunden sind. Durch entsprechende Wahl der Reglerparameter muss ein Kompromiss zwischen einer hohen Dynamik und einer akzeptablen Überschwingweite gefunden werden.

Hinweis:
Die Begrenzung der Ständerspannung wurde zum Zwecke der Vereinfachung nicht dargestellt. In der praktischen Realisierung muß sie jedoch berücksichtigt werden. Im allgemeinen wird deshalb bei Eintritt des Spannungssollwertes in die Begrenzung das I-Glied angehalten und so ein starkes Aufintegrieren der Regelabweichung vermieden.

 

Vorsteuerung der Motor-EMK

Die Kompensation der Motor-EMK durch das I-Glied im Stromregler erfolgt aufgrund des erforderlichen Integrationsvorganges zeitlich verzögert. Diese Verzögerung kann durch eine Vorsteuerung des Spannungssollwertes reduziert oder sogar vollständig kompensiert werden. Die Vorsteuerung arbeitet parallel zum I-Glied des Stromreglers und entlastet dieses bei der Ausregelung der Motor-EMK.

Stromregler mit Vorsteuerung

Die Vorsteuerung erhält als Eingangsgröße den Drehzahlistwert. Dieser ist aufgrund der überlagerten Drehzahlregelung in der Signalelektronik ohnehin vorhanden. Sind der Signalelektronik die entsprechenden Kenngrößen des angeschlossenen bürstenlosen Gleichstrommotors bekannt, kann sie aus der aktuellen Drehzahl in einem internen Motormodell die zu erwartende Motor-EMK berechnen. Dieser Wert wird zusätzlich auf den Summationspunkt des Stromreglers aufgeschaltet. Die im Stromregelkreis auftretende Störgröße wird damit bereits kompensiert bevor das I-Glied im Stromregler wirksam wird.

 

zurück
weiter

 

Drive Instructor

Auto Hand
Zufällig Aufsteigend


Frage  

 

Antwort

 

 

Anzeigen