Experimentieren Sie mit virtuellen Testständen im:
Legen Sie Antriebe aus mit:
Umladung der Leiter-Erde-Kapazitäten
Neben
den Leiter-Leiter-Kapazitäten rufen auch parasitäre Leiter-Erde-Kapazitäten
unerwünschte Umladeströme hervor. Das nebenstehende Bild verdeutlicht
die Abläufe.
Ausgangspunkt ist ein willkürlich gewählter Schaltzustand des
Wechselrichters. Die stromführenden Leistungshalbleiter sind vereinfacht
als elektrische Verbindung eingezeichnet. In diesem Schaltzustand sind
die Leiter-Erde-Kapazitäten mit einer bestimmten Polarität geladen.
Die Polarität ergibt sich für jeden Kondensator in Abhängigkeit
vom Pol der Zwischenkreisspannung, der an der zugehörigen Motorleitung
durchgeschaltet ist.
Am Gleichricher soll im betrachteten Zeitpunkt die größte Leiter-Leiter-Spannung
zwischen L1 (positiv) und L3
(negativ) wirksam sein.
Wird nun im ersten Brückenzweig der untere Leistungshalbleiter
angesteuert und der obere Leistungshalbleiter gesperrt, fließt ein
Umladestrom Ic1-0, da jetzt der leitungsseitige
Pol des Kondensators zwischen Leiter 1 und Erde auf dem negativen Potential
der Zwischenkreisspannung liegt. Der Strom fließt über den
Wechselrichter und den Gleichrichter zum Sternpunkt des Netztrafos und
von dort über die Erdverbindung zur Leiter-Erde-Kapazität zurück.
Im Ergebnis wird die parasitäre Leiter-Erde-Kapazität umgeladen.
Wird nun im ersten Brückenzweig wieder der obere Leistungshalbleiter
angesteuert und der untere Leistungshalbleiter gesperrt, laufen die Vorgänge
in entgegengesetzter Richtung ab. Die Größe und Dauer des Umladestroms
wird bestimmt durch
- die Größe der Leiter-Erde-Kapazität und
- die Summenimpedanz des Netztrafos, des Netzkabels, des Motorkabels
und des Stellgerätes, die überwunden werden muss.
In Summe haben die parasitären Leiter-Leiter-Kapazitäten folgende
unerwünschte Auswirkungen:
- Die Verluste werden erhöht.
- Die hohen Stromspitzen können zur Beschädigung des Stellgerätes
führen.
- Die impulsförmigen Anregungen im Motorkabel können zur Ausbildung
elektrischer Wellen führen. Im Ergebnis wird der Motor mit deutlich
höheren Spannungen als der Zwischenkreisspannung belastet, was
zur Schädigung seiner Wicklungsisolation führen kann.
-
Die Umladeströme rufen an der Netzimpedanz ZN
hochfrequente Oberschwingungen hervor, die die Eingangsspannung
für weitere angeschlossene Verbraucher verzerren und diese stören
können. Die hochfrequenten Oberschwingungen liegen im Bereich
der Pulsfrequenz des Wechselrichters und darüber. Sie werden
als Funkstörspannungen bezeichnet. Zulässige Funkstörspannungen
sind durch internationale Normen festgelegt.
Die durch die parasitären Leiter-Erde-Kapazitäten hervorgerufenen
galvanischen Störungen betreffen damit den Antrieb selbst als auch
parallel betriebene Verbraucher.
Gegenmaßnahmen zur Reduktion der durch Leiter-Erde-Kapazitäten
verursachten galvanischen Störungen
- Durch kurze Motorleitungen kann die Größe der parasitären
Leiter-Erde-Kapazitäten klein gehalten werden. Kleine Kapazitäten
rufen auch nur geringe Umladeströme hervor.
Durch die Verwendung geschirmter Motorleitungen ist jedoch auch bei
kurzen Leitungslängen eine nennenswerte parasitäre Leiter-Erde-Kapazität
vorhanden. Da geschirmte Leitungen zur Unterdrückung von feldgebundenen
Störungen erforderlich sind, müssen andere Methoden zur Unterdrückung
der Störaussendung angewendet werden.
- Durch eine Grundentstörung am Zwischenkreis wird der Umladestrom
IC zum Teil an der Netzimpedanz ZN
vorbeigeführt. Damit verringern sich auch die Oberschwingungen
an der Netzimpedanz ZN und die Versorgungsspannung
des parallel geschalteten Verbrauchers wird geringer verzerrt. Für
Anwendungen in Industrienetzen ist diese Abminderung der Oberschwingungen
zur Einhaltung der dort vorgegebenen Grenzwerte oft schon ausreichend.
Die Grundentstörung ist im allgemeinen im Stellgerät fest
eingebaut.
Damit die Grundentstörung wirklich wirksam wird, ist eine sehr
gute Anbindung des Stellgerätes an das Erdpotential erforderlich.
Bei schlechter Anbindung ist zwischen der Grundentstörung und dem
Erdpotential noch ein Übergangswiderstand wirksam, der das Abfließen
des Umladestroms behindert. Viele Hersteller verlassen sich deshalb
nicht auf die Erdung der Stellgeräte über eine leitfähige
Verbindung zum Schaltschrank sondern stellen einen separaten Anschluss
für die Erdung zur Verfügung.
- Durch Einbau eines Funkentstörfilters wird der Umladestrom
IC zu einem sehr großen Teil an der
Netzimpedanz ZN vorbeigeführt und
die Versorgungsspannung des parallel geschalteten Verbrauchers wird
nur gering verzerrt.
Das Funkentstörfilter wird für hochfrequente Störspannungen
im kHz-Bereich und darüber ausgelegt. Die Grundschwingung der Netzspannung
wird vom Funkentstörfilter praktisch nicht beeinflusst.
Oft werden Funkentstörfilter in Kombination mit einer Netzdrossel
zur Unterdrückung niederfrequenter netzharmonischer Oberschwingungen
eingesetzt.
Hinweis: Grundentstörung und Funkentstörfilter
sind nur dann im vollen Umfang wirksam, wenn der Umladestrom IC
gezielt zum Stellgerät bzw. zum Filter "geführt" wird.
Das wird mit einer geschirmten Motorleitung erreicht. Beide Maßnahmen
sollten deshalb stets in Kombination mit einer geschirmten Motorleitung
verwendet werden.
Weitere Gegenmaßnahmen sind
- der Einbau einer Ausgangsdrossel
- der Einbau eines du/dt-Filters und
- der Einbau eines Sinusfilters
am Wechselrichterausgang. Sie wurden bereits bei den Gegenmaßnahmen
zur Reduktion der durch Leiter-Leiter-Kapazitäten verursachten galvanischen
Störungen vorgestellt.