Auslegung elektrischer Antriebe

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Auswahl des Stellgerätes

Die Verlustleistung im Stellgerät ist bei konstanter Pulsfrequenz vom Betrag des fließenden Stromes abhängig. Dieser wird vom Lastspiel des angeschlossenen Motors bestimmt. Aus dem Drehmomentverlauf an der Motorwelle muss deshalb der vom Stellgerät aufzubringende Strom ermittelt werden. Anhand des Stromverlaufs als Funktion der Zeit erfolgt anschließend die Auswahl eines Stellgerätes mit passendem Bemessungsstrom.

 

Ermittlung des Stromverlaufs

Der Stromverlauf wird aus dem Drehmomentverlauf des Lastspiels ermittelt. Je nach Motortyp sind hierfür unterschiedliche Berechnungsvorschriften zu berücksichtigen, die in der folgenden Tabelle dargestellt sind. Die erforderlichen Motorkenngrößen sind dem Typenschild bzw. den Herstellerkatalogen zu entnehmen.

Motortyp Berechnungs-
vorschrift
Kenngrößen
Gleichstrommotor
(permanenterregt)
Ia = IN * M/MN
Ia Ankerstrom
IN Nennstrom (Bemessungsstrom)
M Drehmoment
MN Nennmoment (Bemessungsmoment)
Bürstenloser
Gleichstrommotor
I = M/kT
I Wicklungsstrom
M Drehmoment
kT Drehmomentkonstante
Synchronmotor
(permanenterregt)
I = M/kT
I Effektivstrom
M Drehmoment
kT Drehmomentkonstante
Asynchronmotor
I Effektivstrom
I0 Leerlaufstrom
IN Nennstrom (Bemessungsstrom)
M Drehmoment
MN Nennmoment (Bemessungsmoment)

 

Herstellerangaben zu Stellgeräten

Die Hersteller von Stellgeräten geben im allgemeinen neben der Nennspannung folgende Parameter zur Auslegung des Stellgerätes an:

  • Der Bemessungsausgangsstrom IB gibt den Strombetrag (Effektivwert) an, den das Stellgerät dauerhaft abgeben kann.
  • Der Maximalstrom Imax gibt den maximalen Strombetrag (Effektivwert) an, den das Stellgerät kurzzeitig abgeben kann. Oft wird auch ein Überlastfaktor angegeben, mit dem der Bemessungsausgangsstrom multipliziert werden muss. Der Überlastfaktor liegt bei Stellgeräten für Servoantriebe im allgemeinen zwischen 1,5 und 3.
  • Der Grundlaststrom gibt den zulässigen Strombetrag an, den das Stellgerät nach einer Belastung mit dem Maximalstrom für eine gewisse Zeit abgeben kann.

Diese Kennwerte gelten für

  • eine definierte Pulsfrequenz,
  • eine definierte Umgebungstemperatur und
  • Kenngrößen für Stellgeräteeine definierte Aufstellhöhe.

Werden die Stellgeräte unter abweichenden Bedingungen eingesetzt, sind im allgemeinen Deratingfaktoren zu berücksichtigen.

Das nebenstehende Bild verdeutlicht die Zusammenhänge.
Dieses Diagramm entspricht einer Belastung im S3- und S6-Betrieb.
Leider lassen sich die real auftretenden Lastspiele nur selten in dieses Schema einordnen, so daß eine anwendbare Auslegungsstrategie gefunden werden muss.

Die Auslegung geht von den tatsächlich auftretenden Lastspielen aus. Wie bei der Motorauslegung ist dabei eine Unterscheidung nach "kurzen" und "langen" Lastspielen sinnvoll.

 

Auslegung bei "kurzen Lastspielen"

VerläufeEin "kurzes Lastspiel" ist dann gegeben, wenn die Dauer des Lastspiels kleiner als ein Zehntel der thermischen Zeitkonstante des Stellgerätes ist.

TLastspiel < 0,1Tth

Dann tritt innerhalb eines Lastabschnittes keine wesentliche Temperaturänderung des Stellgerätes ein und man kann von einer mittleren Belastung bzw. mittleren Erwärmung ausgehen. Die tatsächlich erreichte Maximaltemperatur des Stellgerätes weicht nur unwesentlich von der mittleren Temperatur ab. Die Auslegung erfolgt dann am einfachsten über den Effektivstrom Ieff, der das Stellgerät in gleicher Weise erwärmt wie der tatsächlich fließende Strom.

Der Effektivstrom Ieff ist nach folgender Formel zu berechnen:

Formel für das Effektivmoment

Ist der Strom innerhalb eines Lastabschnittes nicht konstant, so wird mit der Formel

I = 0,5(Ia+Ie) mit: Ia:
Ie:
Strom am Anfang des Lastabschnittes
Strom am Ende des Lastabschnittes

ein Mittelwert bestimmt.

Hinweis: Der Effektivstrom ist nicht identisch mit dem Effektivwert von Wechselgrößen.

Das Stellgerät wird nun so ausgewählt,

  • dass sein Bemessungsausgangsstrom über dem Effektivstrom des Lastspiels liegt

    IB > Ieff

    mit: IB:

    Bemessungsstrom des Stellgerätes


  • und sein zulässiger Maximalstrom größer als der im Lastspiel auftretende Maximalstrom ist.

Imax > Imax_L

mit: Imax:
Imax_L:

Maximalstrom des Stellgerätes
Maximalstrom innerhalb des Lastspiels

 

Auslegung bei "langen Lastspielen"

Die Bedingungen für "kurze Lastspiele" sind nicht in allen Anwendungsfällen für elektrische Antriebe und ihre Stellgeräte gegeben. Außerhalb von Servoanwendungen sind längere Lastspiele sogar die Regel. Erforderlich sind deshalb auch Auslegungsregeln für "lange Lastspiele". "Lange Lastspiele" sind definiert durch:

TLastspiel > 0,1Tth.

Bei diesen Lastspielen erwärmt sich das Stellgerät innerhalb des Lastspiels temporär auf eine Temperatur, die deutlich über der mittleren Temperatur liegt. Die innerhalb des Lastspiels auftretende Maximaltemperatur kann deshalb nicht vernachlässigt werden.
Entspricht die mittlere Temperatur der nominellen Erwärmung, würden die auftretenden Temperaturspitzen zur Abschaltung des Stellgerätes durch die integrierten Schutzfunktionen führen.

Um Stellgeräte für "lange Lastspiele" auszuwählen, zerlegt man das Lastspiel in kurze Einzellastspiele, für die jeweils wieder die Bedingung

TLastspiel < 0,1Tth

gilt. Für jedes Einzellastspiel wird der Effektivstrom Ieff berechnet. Das Stellgerät wird nun so ausgewählt,

  • dass sein Bemessungsausgangsstrom über dem maximal ermittelten Effektivstrom liegt

    IB > Ieff_max

    mit:

    IB:
    Ieff_max:

    Bemessungsstrom des Stellgerätes
    Maximaler Effektivstrom eines Einzellastspiels


  • und sein Maximalstrom größer als der im Lastspiel auftretende Maximalstrom ist.

Imax > Imax_L

mit: Imax:
Imax_L:

Maximalstrom des Stellgerätes
Maximalstrom innerhalb des Lastspiels

Bei der Auswahl der Einzellastspiele innerhalb des gesamten Lastspiels ist ein gewisses Augenmaß erforderlich. Oft ist auf einen Blick schon erkennbar, in welchem Zeitabschnitt die maximale Erwärmung des Stellgerätes auftreten wird und wo das für die Auslegung entscheidende Einzellastspiel liegt. Dann berechnet man nur für dieses Einzellastspiel den Effektivstrom und wählt das Stellgerät entsprechend aus.


EffektivstromIst eine eindeutige Identifikation des prägenden Einzellastspiels nicht möglich, definiert man einen Zeitabschnitt mit einer maximalen Länge von 0,1Tth, verschiebt diesen Zeitabschnitt in kleinen Schritten über das Lastspiel und berechnet für jede Lage des Zeitabschnitts den Effektivstrom. Der größte ermittelte Effektivstrom wird dann zur Auslegung des Stellgerätes verwendet.

Die geschilderte Vorgehensweise führt immer zu einer Auslegung, die das Stellgerät thermisch nicht überlastet. Bei "langen Lastspielen" mit Betriebs- und Pausenzeiten größer als 0,1Tth kann diese Vorgehensweise jedoch zu einer sehr starken Überdimensionierung des Stellgerätes führen. Die Auslegung ist dann zwar aus thermischer Sicht korrekt aber nicht mehr wirtschaftlich. Besonders bei Lastspielen, die einem S3-Betrieb ähneln, ist diese Gefahr sehr groß. In diesem Fall ist eine Simulation der tatsächlich auftretenden Erwärmung zu empfehlen.
Entspricht das Lastspiel näherungsweise dem Lastspiel, das der Hersteller für die Definition der Bemessungsgrößen verwendet, kann die Auslegung auch unter Verwendung dieses Lastspiels erfolgen.

 

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